
Sichere medizinische Bescheinigungen in Frankreich: Was steht für Schweizer Arbeitgeber auf dem Spiel?
Um Betrug zu bekämpfen, hat Frankreich ab September 2025 ein neues, sicheres medizinisches Zertifikat verbindlich vorgeschrieben. Aber was kann man in der Schweiz angesichts der strengeren Regeln in unserem Nachbarland tun? Es stellen sich Fragen, insbesondere für grenzüberschreitende Mitarbeiter. Unser Partner CJE, Avocats, Conseillers d’Entreprises, entschlüsselt die Herausforderungen und die Wahlmöglichkeiten für die betroffenen Arbeitgeber.
In Frankreich werden medizinische Bescheinigungen in Papierform immer häufiger gefälscht. Aufgrund des Verkaufs gefälschter ärztlicher Bescheinigungen über soziale Netzwerke und das Internet erreichte der Betrug im Jahr 2024 einen Höhepunkt.
Um dieses Phänomen zu bekämpfen, wurden im Juli 2025 neue Formulare in Umlauf gebracht, die „schwer zu fälschen und sicherer“ sind. Wie die Banknoten tragen diese neuen Betrugsschutzzertifikate Identifikationspunkte, sieben.
Nach einer Toleranzperiode sind diese neuen Formulare in Frankreich seit dem 1. September 2025 obligatorisch.
In der Schweiz stieg die durchschnittliche Anzahl der Fehltage von Vollzeitbeschäftigten zwischen 2023 und 2024 von 7,6 auf 8,5. Es gibt keine Statistiken über vorgetäuschte Arbeitsausfälle und daher ist es nicht möglich, ihren Anteil zu ermitteln. Betrügerische Arbeitsunterbrechungen scheinen jedoch kein großes und weit verbreitetes Problem in der Schweiz zu sein.
Die Beweislast für das Vorliegen einer Arbeitsverhinderung liegt bei der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer. Das Schweizer Gesetz schreibt nicht vor, wie die Arbeitsunfähigkeit nachgewiesen werden muss. Wenn die Arbeitsunfähigkeit auf eine Krankheit zurückzuführen ist, muss der Arbeitnehmer in der Regel ein ärztliches Attest vorlegen.
Die Beweiskraft des ärztlichen Zeugnisses wird vermutet und im Allgemeinen anerkannt.
a. Der Aussteller des gefälschten ärztlichen Attests
Da ein ärztliches Attest eine Urkunde im rechtlichen Sinne ist, wird seine Fälschung von Amts wegen verfolgt und wer ein gefälschtes ärztliches Attest ausstellt, läuft Gefahr, wegen Urkundenfälschung verurteilt zu werden.
b. Der Nutznießer des falschen ärztlichen Zeugnisses
Zusätzlich zu den oben genannten strafrechtlichen Folgen verliert der Arbeitnehmer, der eine falsche Bescheinigung vorlegt, seinen Anspruch auf Leistungen und kann sogar vom Auftrag ausgeschlossen werden.
Nach dem Prinzip der Territorialität der Gesetze führt der französische Rechtsrahmen nicht zu einer Verpflichtung in der Schweiz. Daher sind die neuen französischen Formulare, wenn sie in Frankreich obligatorisch sind, in der Schweiz nicht obligatorisch.
Kann der Arbeitgeber seinen betroffenen Mitarbeitern die Verwendung der neuen französischen Sicherheitsformulare vorschreiben?
Das neue Verfahren für medizinische Bescheinigungen wurde in Frankreich aufgrund von Betrug und Missbrauch eingeführt. Ob die Mitarbeiter nun in Frankreich oder in der Schweiz arbeiten, das Risiko scheint uns das gleiche zu sein. Ein Verzicht auf die Forderung nach einem neuen ärztlichen Attest würde die Möglichkeit von Betrug oder Missbrauch leichter aufrechterhalten, als wenn sie in Frankreich arbeiten würden. Da französische Arbeitnehmer diesen neuen Regeln unterliegen, wenn sie in Frankreich arbeiten, erscheint es uns vernünftig, dass Schweizer Arbeitgeber die gleichen Anforderungen stellen.
Die alleinige Anerkennung von gesicherten medizinischen Bescheinigungen muss den Mitarbeitern jedoch ausdrücklich mitgeteilt werden, damit der Arbeitgeber „papierbasierte“ medizinische Bescheinigungen ablehnen kann. Es obliegt dem Arbeitgeber zu entscheiden, in welcher Form er diese Anforderung seinen Mitarbeitern mitteilt.
In der Schweiz scheinen sich die Arbeitgeber mehr Sorgen über ärztliche Gefälligkeitszeugnisse als über falsche Zeugnisse zu machen. Dabei handelt es sich um ärztliche Bescheinigungen, die ausgestellt werden, ohne dass der Gesundheitszustand der Patientin oder des Patienten dies rechtfertigt. Unter Berufung auf bestimmte Gesundheitsprobleme, wie z.B. Stress, Schlafstörungen, Konflikte am Arbeitsplatz und Schmerzen, scheint es relativ einfach zu sein, ein ärztliches Attest für einen Zeitraum von bis zu mehreren Wochen zu erhalten.
In diesem Fall muss der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern mitteilen, ob und ab wann er nur noch gesicherte ärztliche Bescheinigungen anerkennt, wenn sie von einem französischen Arzt ausgestellt wurden.
Diese Verpflichtung gilt sowohl für Grenzgänger als auch für Arbeitnehmer mit Wohnsitz in der Schweiz, die z.B. während des Urlaubs in Frankreich einen Arzt aufsuchen.
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